Alexander M. Böhm.
„Geschliffen oder gewaschen?“ Das ist keine Frage für einen britischen Geheimagenten, sondern bewegt Mitglieder des Ausschusses für Umwelt-, Klimaschutz und Mobilität (UKM) des Hagener Rates. Sie testen im Rahmen einer gemeinsamen Busfahrt mit der Stadtverwaltung und der Hagener Straßenbahn Haltestellen im Stadtgebiet und in Nachbarkommunen auf Barrierefreiheit. Im Vordergrund: das Zusammenspiel von Buseinstieg sowie der Höhe und Beschaffenheit von Randsteinen. Spielt beides gut zusammen, verringert sich der Spalt zwischen Haltestelle und Fahrzeug. Das erhöht die Sicherheit älterer oder mobilitätseingeschränkter Personen, beschleunigt das Ein- und Aussteigen und macht Busfahren attraktiver.
Wichtig ist das Thema, weil die Stadt in Abstimmung mit der Straßenbahn jährlich 30 und mehr Haltestellen barrierefrei umbaut und der Mobilitätsausschuss die Planungen einmal jährlich freigibt. „Da macht es schon Sinn, dass wir uns vor Ort ansehen, worüber wir entscheiden“, so der Ausschussvorsitzende und Aufsichtsratsvorsitzender bei der Hagener Straßenbahn, Rüdiger Ludwig. Er organisierte die Fahrt auf Wunsch des Ausschusses: „Solche Ortstermine sind wesentlich informativer als elektronische Sitzungsvorlagen.“
Der Ausschuss ist gut vorbereitet: Zwei Teilnehmer in Elektro-Rollstühlen probieren jede Haltestelle aus; ein Rollator und ein Altersanzug der Deutschen Gesellschaft für Gerontotechnik aus Iserlohn ermöglichen jüngeren Teilnehmern Eindrücke, wie sich alte Menschen beim Ein- und Aussteigen fühlen. „Das kann man sich als junger Mensch sonst kaum vorstellen“, wie Rüdiger Ludwig ergänzt.
Beginnend am Rathaus an der Volme führt der Weg die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Haltestellen Klopstockstraße in Eckesey, Grundschöttel in Wetter, Nordstraße in Wengern, zurück nach Hagen an die Haltestellen Heilig-Geist-Straße und Basse-Druck in Haspe zu den Haltestellen Emilienplatz und Sparkassen-Karree in den Bezirk Mitte. Alle Haltestellen waren in unterschiedlichen Bauformen und zu unterschiedlichen Zeiten gebaut worden. Zuletzt wurde die Haltestelle Emilienplatz 2022 barrierefrei ausgebaut; die Haltestellen Klopstockstraße und Basse-Druck stehen im sechsten Bauabschnitt zum barrierefreien Umbau an.
Unterschiedliche Bordstein-Höhen und eingesetzte Kantensteine werden in Augenschein genommen, Spaltmaße vermessen und ausprobiert. Wesentliche Punkte sind die Höhe der Haltestellen und die eingesetzten Randsteine. Hinein in diese Entscheidung spielt eine Reihe technischer Daten, wie die Höhe des Fahrzeugbodens der Busse, die Höhe der ausschwenkenden Türen und der Bereich, den Busse bei Einfahrt in eine Haltebucht überstreichen müssen. Das setzt nicht nur eine Menge Fachwissen und Erfahrung voraus. Beispiele in Nachbarkommunen zeigen, dass man selbst bei bester Planung noch Neues entdecken kann, wie Fahrzeug-Kratzspuren an neu gebauten Haltestellen oder unerwünschte Verkehrsbehinderungen durch den Bus bei der Bereisung zeigen. „Das sind Erfahrungen, aus denen wir natürlich auch lernen dürfen“, wie Rüdiger Ludwig betont.
Derzeit werten die Ausschussmitglieder Fotos und Messergebnisse aus, wollen den übrigen Ausschussmitgliedern, der Verwaltung und der Straßenbahn die Ergebnisse der Bereisung in Form eines Protokolls zusammenfassen. Darin auch: die Frage nach geschliffenen oder gewaschenen Randsteinen.
„In „grauer Vorzeit“ wurden gewaschene Randsteine für Bushaltestellen eingesetzt“, so Guido Rose, Fachleiter Straßenbau vom Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH). Die waren rauer als so genannte „Sonderbord“-Steine und rieben bisweilen an den Reifen. Seit mindestens 26 Jahren verbauen Stadt beziehungsweise ab 2011 der WBH geschliffene Buskapsteine. Diese schonen die Flanken der Bus-Reifen bei der Anfahrt an die Haltestelle und sind den wesentlich teureren Sonderbord-Steinen in dieser Hinsicht ebenbürtig.“ Für welche Steine die Politik sich nach dieser Fahrt möglicherweise entscheiden wird, bleibt erst einmal mit Spannung abzuwarten.
Redaktion: Alexander M. Böhm.
Empfehlen Sie uns!