Wir müssen wieder zurück zu einem demokratischen Verantwortungskonsens!

11.04.2024

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

lassen Sie mich ohne Umschweife auf den Punkt kommen: Die vorliegende Satzung zum Doppelhaushalt 2024/2025 führt direkt in die bilanzielle Katastrophe. Die Frage ist nicht ob, die Frage ist nur: Wann?

Von den Folgen der hier vorliegenden Haushaltssatzung mit der ab sofort rasant wachsenden Neuverschuldung werden wir uns laut Aussage unseres Kämmerers Christoph Gerbersmann „nie wieder aus eigener Kraft erholen“.

Die zur Abstimmung vorliegende Satzung bildet die Summe aller falschen Entscheidungen von Zufallsmehrheiten im Haupt- und Finanzausschuss ab und markiert einen dramatischen Wendepunkt in unserer Stadtgeschichte. Vom ursprünglich weitgehend guten Entwurf unseres Kämmerers bleibt nur ein Trümmerfeld der Besitzstandswahrung auf Kosten kommender Generationen. Die so entstandene Haushaltssatzung markiert nicht weniger als das Ende der Sanierung und den Wiedereinstieg in eine überwunden geglaubte Schuldenpolitik der 1980er Jahre. Es scheint mir, einige hier im Saal haben rein gar nichts aus Hagens Vergangenheit gelernt. Nein, dafür kann ich keine freundlichen Worte aufbringen.

Dank an Christoph Gerbersmann

Dieser Kurswechsel fällt zusammen mit einem Epochenwechsel an der Position des Stadtkämmerers in der Person von Christoph Gerbersmann. Für ihn habe ich Worte des Danks und der Freundschaft notiert. Er hat noch einmal einen Haushalt mit einem gesunden Ausgleich aus Neuverschuldung und Zukunftsinvestition entworfen. Dafür sei Dir, lieber Christoph, noch einmal herzlich gedankt!
Wir sind stolz auf Dich und Deine Arbeit!

Daran ändern auch kleinere politische Korrekturen von uns an diesem Haushalt nichts. Dein Einsatz hat Hagen in den vergangenen mehr als 30 Jahren – davon 19 als Kämmerer – nachhaltig geprägt. Du hast Deiner Stadt viele Möglichkeiten verschafft. Dafür danken wir Dir von Herzen!

Wir schätzen Deinen Enthusiasmus, Deine Offenheit, Deine Gradlinigkeit und Dein parteiübergreifend faires Bemühen, bei allen finanziellen Begrenzungen das Maximum für die Stadt herauszuholen. Dabei 350 Millionen Euro Schulden abzubauen, das ist schon ein Kunststück – oder eben ein Beleg für Deine Leistung!

Manche erkennen es erst ab Oktober, wir wissen schon jetzt: Du wirst fehlen!
Lieber Christoph: Alles Gute auf Deinem neuen Weg als Finanzvorstand im Ruhrverband!

Zurück zum Haushalt:

Den weitgehend guten Entwurf von Christoph Gerbersmann und seinem Kämmereiteam hat die Zufallsmehrheit in den vergangenen drei Wochen lustvoll zertrümmert.

Zufallsmehrheit entzieht sich Verhandlungen…

Wir, CDU und Allianz, haben Gesprächsangebote unterbreitet und mit unseren Initiativen die Diskussion angestoßen. Und die andere Seite? Die Hohenlimburg-Bürger haben brüsk abgelehnt, Linke und HAK haben nicht geantwortet, die SPD ihre Antwort verzögert, um dann kurz vor dem HFA unverrückbare Fakten zu schaffen. Einig war sich diese Zufallsmehrheit darin, den Haushalt nach allen Regeln der Kunst zu tranchieren. Eine HSK-Maßnahme nach der anderen wurde geschliffen – insbesondere die werthaltigen mit den Millionen-Beträgen.  Gleichermaßen uneinig waren sich die Beteiligten bei der Verabschiedung der Haushaltssatzung. Dafür bekam die SPD keine Mehrheit zusammen.

Ohne Stimmen der Allianz wäre das Ergebnis der Chaos-Beratungen im HFA eine haushaltslose Zeit gewesen. Das klingt mehr nach Haiti als nach Hagen!

… und unterbreitet vergiftete Angebote

Als wäre das nicht schon genug, unterbreiteten uns einige Ratsmitglieder ein vergiftetes Angebot: In geheimer Abstimmung würde man „den Haushalt korrigieren“ helfen. Die Allianz soll ihren transparenten Politikansatz ausgerechnet beim Haushalt selbst demontieren? Das wäre Niederlage Nummer eins. Absehbar würde die geheime Abstimmung scheitern, weil die vermeintlichen „Abweichler“ gar keine sind. Niederlage zwei. Gleichzeitig würde die Allianz den ungeliebten Haushalt aus der Welt schaffen – und – noch am schönsten in diesem Szenarium – dafür noch die Verantwortung übernehmen. Niederlagen drei und vier.

In der Folge würden Bürgerschaft und Verwaltung noch mehr belastet werden, wenn es keinen Haushalt gibt.

Respekt! Da dürfte selbst der skrupellose Film-Strippenzieher Francis Underwood in „House of Cards“ vor Neid erblassen. Hätten dieselben Taktierer nur halb so viel Energie in Gespräche mit uns investiert, wie sie für Intrigenspiele aufgewandt haben, wären wir sicher zu einem guten Ergebnis aller Demokraten gekommen.  Bedauerlich, dass das nicht gewollt war!
Nun erledigen wir die „Drecksarbeit“ und tragen ganz öffentlich eine Haushaltssatzung, weil nur eines noch schlimmer wäre als dieser Haushalt: Kein Haushalt.

Vom Crashtest in die finanzielle Nahtoderfahrung

Der vorliegende Haushaltsbeschluss – da bin ich fast sicher – wird maximal bis Anfang 2026 tragen. Danach wird das Machwerk implodieren und den neuen Rat zu neuen Haushaltssicherungsmaßnahmen zwingen. Das ist keinesfalls unser Verständnis von Fairness!

Dazu können sich alle Teilnehmer dieser „Zufallsmehrheit“ gratulieren. Sie haben mit dem Einfrieren der Grundsteuer die letzte Sicherung aus diesem Haushalt gezogen.

Schlagen die vom Kämmerer dargelegten Risiken des Haushalts durch, zerbricht das Konstrukt noch früher – mit all den wenig amüsanten Konsequenzen wie Nachtragshaushalt, neues HSK und auf dem Weg dahin die vorläufige Haushaltsführung nach Paragraf 82 der Gemeindeordnung NRW.

Dramatischen Folgen für Bürger, Vereine, Sozialträger oder Verwaltung wären die Folge. Das schockt die Beteiligten nicht. Drei Stimmen hier im Raum verkündeten im Vorfeld gar sogar – ich zitiere – „dass man den Karren jetzt mal richtig gegen die Wand fahren muss, damit Landes- und Bundesregierung endlich gezwungen sind, uns zu helfen.“

Das erinnert mich an frühkindliche Trotzhaltung und macht mich fassungslos! Hier werden die Menschen unserer Stadt als Crashtest-Dummies missbraucht. Beeindrucken wird das aus meiner Sicht weder die Landes- noch die Bundesregierung – und schon gar nicht die Kom-munalaufsicht in Arnsberg. Und ich bin sicher, die Menschen in Hagen verzichten gerne auf diese Art finanzielle Nahtoderfahrung.

Allianz blieb kompromissbereit

Die Allianz aus CDU, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP hat mit einem Kompromisspaket einen – gerade noch gangbaren – Mittelweg aus Sparnotwendigkeiten und Einnahmeverbesse-rungen vorgeschlagen. Unser Antrag respektierte die Ergebnisse der Fachausschüsse, wäre also eigentlich für alle zustimmungsfähig gewesen. Darüber hinaus verzichteten wir als Signal an die Hagener Unternehmen auf die Anhebung der Gewerbesteuer.

Die Grundsteueranpassung wollten wir auf die Hälfte reduzieren, um der Stadt dringend notwendige zusätzliche Einnahmen von 4,6 Millionen Euro jährlich zu sichern. Das hätte die Neuverschuldung um satte 23 Millionen Euro bis zum Jahr 2028 reduziert, den Haushaltsausgleich vom Jahr 2031 auf 2030 vorgezogen.

Natürlich hätten auch wir gerne alle Steuererhöhungen vermieden. Aber wir haben erkannt, dass das Haushaltsloch einfach zu groß würde.

Moderate Grundsteueranhebung wäre nötig

Das erkennen auch andere Kommunen und heben ihre Grundsteuern teilweise kräftig an, Niederkassel auf 1.100 Prozentpunkte. Sie machen das, weil es gar nicht anders geht.
Selbst der Bund der Steuerzahler, sonst lauter Kritiker von Steuererhöhungen, erkennt das an, sieht, dass Bund und Land den Städten Aufgaben ohne ausreichende Gegenfinanzierung aufbürden und das Altschuldenproblem der NRW-Städte nicht löst.

Aber, liebe Hagener SPD: Es bewirkt eben nichts, in Pressemitteilungen auf Bundes- und Landesregierung zu schimpfen, wenn die Hagener SPD-Abgeordneten in dieser Frage lediglich ein Mindestmaß an Elan entfalten. Es bewirkt eben nichts, wenn man nicht einmal die eigene Bundesregierung davon zu überzeugen vermag. Schon gar nicht hilft, wenn jetzt die rote Ratsfraktion den Schaden durch ihre Beschlüsse noch vergrößert.

Außer Allianz bietet niemand Kompensationen an

Den derart vermurksten Haushalt rettet auch nicht, dass die Zufallsmehrheit die von uns vorgeschlagenen Kompensationen in Höhe von 2,55 Millionen Euro für die Jahre 2024 und 2025 aufnimmt. Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Noch trauriger ist, dass außer der Allianz niemand konkrete Kompensationen durchdacht und hat prüfen lassen. Das war in der Vergangenheit ebenfalls anders. Der Geist der Sparsamkeit – er scheint wirklich ganz entfleucht zu sein.
Nun sind wir also angekommen – am absoluten Tiefpunkt in der Finanzgeschichte unserer Stadt – manifestiert durch die heute aufliegende Haushaltssatzung.

Es wundert mich nicht, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, dass die Zufallsmehrheit keinen Mumm hat, diesen Haushalt mit ihren Stimmen zu verabschieden. Die Verantwortung will keiner übernehmen. Die SPD steht fast allein da mit einem Werk, das weder die Bezeichnung „Haushalt“ noch das Attribut „Plan“ verdient.

Verhielten wir uns ebenso so trotzig, würden wir jetzt alles ablehnen. So sind wir nicht, sondern tragen das Ergebnis, obwohl wir die darin geplante Neuverschuldung nicht billigen. Wir tun das, weil dieser schlechte Haushalt noch immer ein Stück besser ist als gar keiner.

Schluss mit Aussicht

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stimmen jetzt diesem Haushalt zu – aus Pflichtgefühl.

Aus Überzeugung kündige ich Ihnen an, dass wir ab sofort nicht ruhen werden, um unterjährig notwendige Korrekturen vorzunehmen. Wir werden alles Notwendige unternehmen, um die absehbare Entgleisung der Finanzen aufzuhalten.

Dazu gehört, kritisch auf unsere Infrastruktur zu blicken, den Personalzuwachs in der Verwaltung zu stoppen und mit Organisationsuntersuchungen den Personaleinsatz zu optimieren. Die Missbrauchsbekämpfung bei Sozialleistungen muss einen weiteren Schwerpunkt bilden.

Wir werden nicht untätig zusehen, wie unsere Stadt in die Katastrophe taumelt.

Wir werden uns weiter engagiert dafür einsetzen, dass Bund und Land mit einer Altschuldenlösung ihren Anteil an unserer Finanzsituation abtragen.

Wir müssen unsere Hausaufgaben vor Ort erledigen. Wir müssen wieder zurück zu einem demokratischen Verantwortungskonsens!

Sonst werden die kommenden Jahre sehr sehr schmerzhaft werden – für die Menschen und die Institutionen in unserer Stadt.

Unser Angebot zu einer sachbezogenen Zusammenarbeit bleibt bestehen!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!