"Wir können viel mehr, als wir es uns manchmal selbst zutrauen."

31.03.2022

1. Das „Nein“ des Kämmerers

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Erik,
sehr geehrter Herr Stadtkämmerer, lieber Christoph,
sehr geehrte Damen und Herren,

die Worte unseres Stadtkämmerers Christoph Gerbersmann bei der Einbringung des Haushaltsplanentwurfs klingen mir noch in den Ohren: Sein wichtigstes Wort war „NEIN“.

„„Nein“ heißt für mich, dass wenn wir Dinge zusätzlich finanzieren wollen, dann müssen wir Dinge herausnehmen aus dem Haushaltsplan, die für weniger wichtig erachtet werden. Wenn wir das nicht tun, wird dieser Haushaltsplan nicht genehmigungsfähig werden.“

Das war während der Corona-Pandemie, nach der Starkregenflut vor dem Beginn des Ukraine-Kriegs. Seither finden in Hagen mehr als tausend Menschen Schutz vor den russischen Bomben – und täglich werden es mehr. Dieser Krieg zerstört Menschen, Umwelt, Ackerland, Handelsbeziehungen und Lieferketten.

Wir wissen noch nicht, wie das alles auf uns wirken wird. Das ist ein weiterer Grund, mit Haushaltsanträgen ausgesprochen vorsichtig zu sein.

2. Haushalt: Das ist drin.

Bei ursprünglich geplanten 803,8 Millionen Euro Einnahmen und 802 Millionen Euro Ausgaben bleibt ein winziger Überschuss von 1,7 Millionen Euro. Das entspricht der Punktlandung einer dicken Hummel auf der gerade einmal drei Millimeter großen Blüte des Bulbophyllum-minutissimum.

Dieser Erfolg ist unserem Kämmerer Christoph Gerbersmann und dem Team um Kämmereileiterin Susanne Schmitz zu verdanken. Ihnen an dieser Stelle: Herzlichen Dank!

Zwei Bemerkungen möchte ich zum Haushalt 2022/2023 voranstellen:

Erstens:

Wir gehen jetzt in das neunte Jahr ohne die Grund- und Gewerbesteuern zu erhöhen! Das ist eine grandiose Leistung und ein Stück praktizierte Wirtschaftsförderung! Für diese Leistung haben auch das Kämmerei-Team und Oberbürgermeister Erik Schulz einen Zwischenapplaus verdient!

Zweitens:

In diesem Haushaltsplanentwurf finden wir eine positive Aufwärtsentwicklung bei den strategisch wichtigen Investitionen – bei dem, was Hagen voranbringt! 142 Millionen Euro sollen es in den kommenden zwei Jahren werden, 50 Millionen Euro mehr als in den zwei Jahren zuvor. Das ist ein wichtiges Signal für die Zukunft unserer Stadt!

Das alleine wäre noch nicht bemerkenswert, blieben doch viele Vorhaben in der Vergangenheit unrealisiert. Anders diesmal: Der Baubeigeordnete Henning Keune verspricht, das anspruchsvolle Programm auch umzusetzen!

Wir, die CDU-Fraktion, wünschen dem gesamten Verwaltungsvorstand mit Sebastian Arlt, noch Margarita Kaufmann und bald Martina Soddemann dabei viel Glück und Erfolg!


Viel drin – in diesem Haushalt

Hinter den Zahlenkolonnen eines Haushalts verbergen sich viele wertvolle Projekte für unsere Stadt:

• Wir setzen den Schulentwicklungsplan um und investieren 21 Millionen Euro für Baumaßnahmen und Ausstattung unsere Schulen und Kindertagesstätten.

• Hinzu kommt unser öffentlich-privates Leuchtturmprojekt, das neue Bildungszentrum Wehringhausen:  „Terra 1“ verdient zwar einen schöneren Namen, bleibt aber konzeptionell herausragend. Mit einer Grundschule, Rhythmisiertem Ganztag, Lehrschwimmbecken, besonderen Deutschkursen und einer Kindertagesstätte ist es passgenau für den Stadtteil konzipiert.

• Für 6,2 Millionen Euro schaffen wir im ganzen Stadtgebiet neue OGS-Plätze.

• Mit 19 Millionen Euro treiben wir die Digitalisierung unserer Schulen und der öffentlichen Infrastruktur voran.

• Im Freizeit- und Tourismusbereich setzen wir neue Maßstäbe am Hengsteysee-Südufer – für 22 Millionen Euro.

• 3,5 Millionen Euro sind uns neue Wege für den Radverkehr wert.

• Für unsere kleinen und mittelgroßen Bürgerinnen und Bürger fließen 710.000 Euro in die Spielplätze Seilerstraße, Dahmsheide, Hochstraße und Körnerstraße. Für 540.000 Euro entsteht die Skateranlage im Hameckepark.

Das alles macht Hagen noch familienfreundlicher und nachhaltiger.


3. Haushalt konkret: Das wollen wir noch reinnehmen.

Trotzdem bleiben zwei wichtige Ergänzungen, um die wir den Haushaltsentwurf der Verwaltung noch erweitern müssen. Dabei sind wir überaus vorsichtig, denn:
Dieser Haushalt ist ein zartes Pflänzchen, an das man keine bleiernen Ostereier hängen darf!

Liebend gerne hätten wir noch weitere Akzente gesetzt, wie …

• … mehr Geld für Kita- und OGS- und Spielplätze
• … mehr Mittel für die Entwicklung von Industrie- und Gewerbeflächen
• … mehr Flächen entwickeln für bezahlbaren Wohnraum
… oder …
• … mehr Power für die gut in Fahrt gekommenen städtischen E-Government-Aktivitäten

Aber für jeden dieser Punkte gibt es Gründe, die eine Realisierung unwahrscheinlich machen: Fehlende Ressourcen in der Verwaltung oder bei den ausführenden Unternehmen, Lieferschwierigkeiten oder gar mangelnde Ausschreibungsteilnahmen.

Dafür streichen wir nichts aus dem Haushalt,
dessen Realisierungschance größer ist.

Außerdem beschäftigen uns immer noch die Folgen der Starkregenflut: Schäden müssen beseitigt und die Stadt widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels gemacht werden.  Die resiliente Stadt muss unser Ziel sein! Hier werden die Allianzpartner in Kürze konkrete Vorschläge einbringen.

Soll das jetzt alles sein, werden Sie fragen. Keine Sorge: Zwei Anträge sind es dann doch geworden:


Aus Eins mach Zehn!

Aus Eins mach Zehn! Das ist der neue Allianz-Trick zur Haushaltsoptimierung!
Lachen Sie nur! Das ist kein Witz!

Wer wenig Geld hat, muss mit dem Wenigen möglichst viel Wirkung erzielen. Das geht über Förderprogramme mit üblichen 80 bis 90 Prozent Förderanteilen. Mit einem Eigenanteil von 200.000 Euro könnten wir 800.000 bis 1,8 Millionen Euro Fördermittel einwerben.

Ausweitungen von Sprachkursen

140.000 Euro sollen in ein Förderprojekt zur Ausweitung von Sprachkursen für Vorschulkinder fließen, die nicht in Kindergärten gehen.
Derzeit erhalten diese Kinder nur eine Stunde Deutschunterricht pro Woche. Das reicht nicht!

Wir wollen dieses Kontingent deutlich aufstocken, damit sie bei der Einschulung dem Unterricht folgen können. Unser Ziel sind gelingende Bildungskarrieren!

Zur Ehrlichkeit gehört aber auch: Dieses Förderprogramm gibt es noch nicht. Es braucht das leidenschaftliche Engagement der Verwaltung, ein entsprechendes Förderprogramm beim Land anzustoßen.

Das wäre allerdings ein wertvoller Beitrag für Inklusion und Integration!

Präsenz im Quartier

Einen ähnlich integrativen Ansatz verfolgt das Vorhaben „Präsenz im Quartier“, das Ihnen gleich die Fraktionssprecherin von Bündnis 90 / Die Grünen, Nicole Pfefferer, nahebringen wird. Das wird von der CDU-Fraktion ebenfalls unterstützt. Für dieses Projekt wollen wir 60.000 Euro einsetzen. Auch hier gilt: Ohne den leidenschaftlichen Einsatz der Verwaltung wird das nicht klappen.

Zuwendungen für Fraktionen und Gruppen

Heute entscheiden wir auch über den finanziellen Rahmen für die Zuwendungen an die Fraktionen und Gruppen. Über die Details entscheiden wir im Mai. Es ist eine heikle Aufgabe. Deshalb haben wir auf Basis des einschlägigen Innenminister-Erlasses eine transparente Bedarfsanalyse erstellt.

Schon ein Blick zurück zeigt, dass eine Korrektur inzwischen dringend nötig ist. Unser finanziell disponibler Rahmen hat sich in den vergangenen 30 Jahren um 20 Prozent reduziert. Um über 40 Prozent ging die Kaufkraft zurück. Die Verkleinerung von Rat und Bezirksvertretungen reißen weitere Löcher. Mit dem Haushaltsbeschluss erhöhen wir die Zuwendungen deshalb um maßvolle 5 Prozent.

Neu fassen wir auch die Sachleistungen im Bereich IT. Die Computer der Fraktionen sind größtenteils älter als zehn Jahre. Zeitgemäß ist anders …


Meine sehr geehrten Damen und Herren,

in der vorliegenden Form wird die CDU-Fraktion heute dem Haushalt zustimmen, allerdings nicht ohne mahnende Worte in Richtung Bundes- und Landesregierung.

4. Altschulden: Das muss man uns noch abnehmen.

Beide haben über Jahrzehnte mehr Leistungen bei uns bestellt als bezahlt. Wir haben unseren Berg an „liquiditätssichernden Altschulden“ durch rigide Sparmaßnahmen und den Stärkungspakt auf 950 Millionen Euro abgetragen.

Geholfen hat uns dabei auch die Null- und Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Doch eine so ungesunde Geldmarktpolitik konnte nicht von Dauer sein. Derzeit nimmt die Inflation Fahrt auf. Das wird bald gefährlich für uns!

Deshalb appelliere ich anknüpfend an meine Vorgänger Wolfgang Röspel und Dr. Ste-phan Ramrath eindringlich an Bund und Land:

Ergreifen Sie jetzt gemeinsam die Chance!
Entlasten Sie uns jetzt von den Altschulden!
Jedes Jahr später wird deutlich teurer!

 

5. Ausblick

Sehr geehrte Damen und Herren,

es gab in den vergangenen Wochen ein paar hübsche Schaufensteranträge. Die SPD wollte gleichzeitig grüner sein als grün, liberaler als die FDP, bürgerlicher als Hagen Aktiv und konservativer als die CDU. Die Bürger für Hohenlimburg versuchten mit ein paar ungedeckten Millionenforderungen, die Linke links zu überholen. Das gehört zur politischen Folklore.

Ich registriere aber auch, dass niemand ernsthaft versucht hat, diesen Haushalt zu sprengen. Ich habe teilweise sogar wohltuend sachorientierte Haushaltsplanberatungen erlebt. Das werte ich als gutes Zeichen.

Allen konstruktiv Beteiligten sei dafür herzlich gedankt!

Lassen Sie uns jetzt den Doppelhaushalt 2022/2023 beschließen und die gute Streitkultur zum Wohle unserer Stadt kultivieren.

Eines hat Hagen – haben wir – immer wieder bewiesen:

Wir meistern Krisen – besser als viele andere.
Wir können viel mehr, als wir es uns manchmal selbst zutrauen.
Es gibt also gute Gründe, zuversichtlich nach vorne zu schauen.

Lassen Sie uns machen, worauf es ankommt!

In diesem Sinne!

Vielen Dank!